Bescheid der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 14. Februar 2012 über eine Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i. V. m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV

Zielgesellschaft: Mistral Media AG, Köln (ISIN DE000A1E8HD1)
Im Klapperhof 33, 50670 Köln

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat mit Bescheid vom 14. Februar 2012 den mit Schreiben vom 25.08.2011 gestellten Anträgen der nachfolgend benannten Antragsteller auf Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WpÜG im Zusammenhang mit der Sanierung der Mistral Media AG, Köln, stattgegeben:

1. Deutsche Balaton Aktiengesellschaft, Heidelberg (Antragsteller zu 1.)
2. VV Beteiligungen Aktiengesellschaft, Heidelberg (Antragsteller zu 2.)
3. DELPHI Unternehmensberatung Aktiengesellschaft, Heidelberg (Antragsteller zu 3.)
4. Wilhelm Konrad Thomas Zours, Deutschland (Antragsteller zu 4.)

Der Tenor und die wesentlichen Gründe für die mit Auflagen und unter Widerrufsvorbehalt erteilte Befreiung werden nachfolgend wiedergegeben.

Der Tenor des Bescheids lautet wie folgt:

1. Die Antragsteller werden gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i. V. m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV für den Fall, dass sie in Folge des Wirksamwerdens der auf der Hauptversammlung der Mistral Media AG, Köln, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter HRB 59081, am 10.10.2011 beschlossenen Kapitalerhöhung gemäß §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG, im Hinblick auf die Antragsteller zu 2-4 i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG, die Kontrolle über die Mistral Media AG, Köln, erlangen, von den Pflichten, nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach §§ 35 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.

2. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 kann widerrufen werden (Widerrufsvorbehalt), wenn:

a) die Antragstellerin zu 1 nicht bis zum 15.04.2012 im Rahmen einer bis zu diesem Datum durchzuführenden Kapitalerhöhung

– mindestens 638.442 Aktien der Mistral Media AG, Köln, zeichnet

oder

– das Kapital der Mistral Media AG, Köln, nicht um mindestens EUR 1.000.000,00 erhöht wird, es sei denn, die Antragsteller stellen der Mistral Media AG, Köln, den Unterschiedsbetrag zwischen EUR 1.000.000,00 und dem im Rahmen der Kapitalerhöhung tatsächlich vereinnahmten Betrag im Wege eines zinslosen, nicht vor dem 31.12.2018 rückzahlbaren Darlehens zur Verfügung

oder

b) die Antragstellerin zu 1 die von der Sparkasse KölnBonn mit Forderungskaufvertrag vom 17.10.2011 erworbenen Forderungen gegen die Mistral Media AG, Köln, (Kontokorrent Nr. 1900587443: EUR 25.905,61; Darlehen Nr. 6301009426: EUR 773.972,01) nicht bis zum 31.12.2012 stundet, vor diesem Datum an Dritte veräußert oder als Sicherheit verwendet, ohne sicherzustellen, dass der jeweilige Inhaber des Sicherungsrechts vor dem 31.12.2012 nicht über die Forderungen verfügen und sie insbesondere nicht einziehen oder deren Abtretung an Zahlungs statt verlangen kann.

oder

c) die Antragstellerin zu 1 die vorgenannten von der Sparkasse KölnBonn erworbenen Forderungen nach dem 31.12.2012 aber vor dem 31.12.2014 einfordert, an Dritte veräußert oder als Sicherheit verwendet, ohne sicherzustellen, dass der jeweilige Inhaber des Sicherungsrechts vor dem 31.12.2014 nicht über die Forderungen verfügen und sie insbesondere nicht einziehen oder deren Abtretung an Zahlungs statt verlangen kann und die Mistral Media AG, Köln, die Forderungen nicht ausschließlich unter Verwendung ihrer Körperschaftsteuerguthaben zurückzahlen kann

oder

d) die Antragstellerin zu 1. die von der Magic Media Company TV-Produktionsgesellschaft mbH mit Kaufvertrag vom 28.09.2011 erworbenen Forderungen gegen die Hurricane Fernsehproduktion GmbH, Köln, (insgesamt: EUR 230.151,22) nicht bis zum 31.12.2014 stundet, vor diesem Datum an Dritte veräußert oder als Sicherheit verwendet, ohne sicherzustellen, dass der jeweilige Inhaber des Sicherungsrechts vor dem 31.12.2014 nicht über die Forderungen verfügen und sie insbesondere nicht einziehen oder deren Abtretung an Zahlungs statt verlangen kann

oder

e) die Antragstellerin zu 1 vor dem 31.12.2014 auf die Rückzahlung der von der Antragstellerin zu 1 erworbenen 6 % Inhaber-Schuldverschreibung 2011/2012 der Mistral Media AG, Köln, in Höhe von mehr als EUR 550.000,00 besteht, Schuldverschreibungen in dieser Höhe an Dritte veräußert oder als Sicherheit verwendet, ohne sicherzustellen, dass der jeweilige Inhaber des Sicherungsrechts vor dem 31.12.2014 nicht über die Forderungen verfügen und sie insbesondere nicht einziehen oder deren Abtretung an Zahlungs statt verlangen kann.

3. Die Befreiung ergeht unter folgenden Auflagen:

a) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt unverzüglich, spätestens bis zum 20.04.2012, die Zeichnung von mindestens 638.442 Aktien der Mistral Media AG, Köln, durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Kopien der Zeichnungsscheine) nachzuweisen.

b) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung gemäß Ziffer 2 a des Tenors dieses Bescheides durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Handelsregisterauszug) spätestens bis zum 15.05.2012 nachzuweisen.

c) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt unverzüglich den Bezug von Aktien der Mistral Media AG, Köln, nach Maßgabe von Ziffer 2 a des Tenors dieses Bescheides durch die Antragstellerin zu 1 unter Angabe der im Übrigen gehaltenen Aktien der Mistral Media AG, Köln, durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Depotauszüge) nachzuweisen.

Die Befreiung beruht im Wesentlichen auf den folgenden Gründen:

A.

I. Zielgesellschaft

Die Zielgesellschaft, die MISTRAL Media AG, Köln, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter HRB 59081, ist eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts. Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt EUR 3.771.000,00 und ist eingeteilt in 3.771.000 nennwertlose auf den Namen lautende Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 je Aktie. Die Aktien der Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE000A1E8HD1 zum Handel im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen.

Die Zielgesellschaft ist als Medienholding bzw. Medienbeteiligungsgesellschaft tätig. Ihre wesentlichen Erträge erwirtschaftet die Zielgesellschaft aus einer 100 %igen Beteiligung an der Hurricane Fernsehproduktion GmbH, Köln (im Folgenden „Hurricane“). Die Beteiligung an der Hurricane bildet die wesentliche wirtschaftliche Grundlage der Zielgesellschaft. Ihre Vermögenslage ist entscheidend von der Werthaltigkeit dieser Beteiligung geprägt, welche ihrerseits von der künftigen Geschäftstätigkeit der Hurricane bestimmt wird. Die Hurricane ist als Fernsehproduktionsgesellschaft tätig. Sie entwickelt und produziert seit Jahren vorwiegend Fernsehformate im Comedy-Bereich. So hat die Hurricane in der Vergangenheit die Formate „Schillerstraße“, „Genial daneben“, „Switch Reloaded“ und „XXL-Frei Schnauze“ produziert und entwickelt.

Seit dem Jahr 2007 besteht zwischen der Hurricane und der Zielgesellschaft ein Ergebnisabführungsvertrag. Aufgrund dieses Vertrages ist die Hurricane als Organgesellschaft verpflichtet, vorbehaltlich einer vertraglich näher geregelten Bildung und Auflösung von Rücklagen, ihren gesamten während der Vertragdauer ohne die Gewinnabführung entstehenden Gewinn an die Zielgesellschaft als Organträgerin abzuführen. Die Zielgesellschaft muss demgegenüber in entsprechender Anwendung des § 302 AktG jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag ausgleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

II. Antragsteller

Bei den Antragstelleringen zu 1 und 3 handelt es sich ebenfalls um Aktiengesellschaften nach deutschem Recht. Sitz der Antragstellerinnen zu 1 bis 3 ist jeweils Heidelberg. Sie sind eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Mannheim unter HRB 338172 (Antragstellerin zu 1), HRB 337147 (Antragstellerin zu 2) und HRB 705381 (Antragstellerin zu 3).

Das Grundkapital der Antragstellerin zu 1 beträgt EUR 11.640.424,00 und ist eingeteilt in 11.640.424 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 je Stückaktie. Die Aktien der Antragstellerin zu 1 sind unter ISIN DE0005508204 zum Handel im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen. Die Antragstellerin zu 2 hält unmittelbar 6.636.950 Aktien der Antragstellerin zu 1. Unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin zu 1 gehaltenen 351.988 eigenen Aktien ergibt sich daraus eine Beteiligung an den Stimmrechten der Antragstellerin zu 1 in Höhe von 58,79 %.

Das Grundkapital der Antragstellerin zu 2 beträgt 50.000 EUR und ist in 50.000 Aktien mit einem Nennbetrag von jeweils EUR 1,00 eingeteilt. Alleinige Aktionärin der Antragstellerin zu 2 ist die Antragstellerin zu 3.

Das Grundkapital der Antragstellerin zu 3 beträgt 52.000 EUR und ist in 26.000 Stückaktien eingeteilt. Hiervon hält der Antragsteller zu 4 24.570 Aktien (entsprechend 94,5 % der Stimmrechte).

Die Antragstellerin zu 1 hielt zum Zeitpunkt der Antragstellung 1.126.651 Aktien der Zielgesellschaft. Dies entspricht einem Anteil am Grundkapital und den Stimmrechten der Zielgesellschaft in Höhe von 29,877 %.

III. Begutachtung der Zielgesellschaft

Zur Feststellung der Sanierungsbedürftigkeit und der Sanierungsfähigkeit der Zielgesellschaft hat die Antragstellerin zu 1 den Wirtschaftsprüfer Wolfgang Suffel in Hanau beauftragt (im Folgenden „Gutachter“).

Der Gutachter hat die Ergebnisse seiner Tätigkeit in folgenden Dokumenten zusammengefasst:

• Vermerk zur Liquiditätssituation und -planung der Mistral Media AG, Köln vom 25.08.2011
• Stellungnahme zum Schreiben der BaFin vom 02.09.2011 vom 28.09.2011
• Stellungnahme zum Schreiben der BaFin vom 05.10.2011 vom 07.10.2011
• Stellungnahme zum Schreiben der BaFin vom 07.11.2011 vom 12.01.2012
• Stellungnahme zu den Fragen der BaFin vom 19.01.2012 vom 27.01.2012

IV. Gegenwärtige wirtschaftliche Lage der Zielgesellschaft

Der Vorstand der Zielgesellschaft führt in seinem Lagebericht für das Geschäftsjahr 2010 vom 07.12.2011 aus, dass die Zielgesellschaft im Jahr 2011 in eine bestandsgefährdende Situation geraten ist. Der Abschlussprüfer der Zielgesellschaft verweist in seinem Testat vom 07.12.2011 zum Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2010 auf diese Ausführungen.

Auch nach Ansicht des Gutachters ist der Bestand der Zielgesellschaft im Sinne von § 321 Abs. 1 S. 3 HB gefährdet. Der Gutachter hat in seiner Stellungnahme auch darauf hingewiesen, dass aufgrund der gegenwärtig fehlenden Beauftragung der Hurricane durch Kunden, auch verursacht durch die finanziellen Unsicherheiten bei der Mistral Media AG und der Hurricane, die Hurricane gegenwärtig keine positiven Ergebnisbeiträge und Mittelzuflüsse aus laufender Geschäftstätigkeit erziele.

Im Jahr 2010 hat die Zielgesellschaft einen Verlust von EUR 18.200.149,17 erwirtschaftet. Ihr Eigenkapital verringerte sich von EUR 18.717.213,53 zum 31.12.2009 auf EUR 91.195,56 zum 31.12.2010.

Nach den Feststellungen des Gutachters erzielte die Hurricane im gesamten Geschäftsjahr 2011 keine positiven Ergebnisbeiträge und Mittelzuflüsse aus laufender Geschäftstätigkeit, welche sie im Rahmen des Ergebnisabführungsvertrags an Zielgesellschaft abführen könnte.

In der Ad-hoc-Mitteilung vom 31.01.2012 hat die Zielgesellschaft bekannt gegeben, dass der vorläufige HGB-Halbjahresabschluss der Zielgesellschaft zum 30.06.2011 im Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit einen Fehlbetrag von ca. EUR 740.000,00 ausweist. Im Jahresabschluss zum 31.12.2010 geht die Leitung des Konzerns der Zielgesellschaft auch für das Geschäftsjahr 2011 von einem deutlich negativen Konzernergebnis aus, da der Konzern durch fehlende Produktionsvolumina bis zum 31.10.2011 keine Umsatzerlöse habe erwirtschaften können. Für die ersten zehn Monate des Geschäftsjahres 2011 weise die Zielgesellschaft einen Verlust von EUR 721.000,00 aus.

In der Ad-hoc-Mitteilung vom 31.01.2012 hat die Zielgesellschaft zudem bekannt gegeben, dass die vorläufige HGB-Bilanz zum 30.06.2011 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von EUR 585.000,00 ausweist.

Bereits bei Antragstellung Mitte August 2011 war absehbar, dass der Zielgesellschaft im vierten Quartal 2011 aufgrund einer erwarteten Liquiditätslücke von EUR 500.000,00 die Zahlungsunfähigkeit drohte.

Am 30.08.2011 hat ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Zielgesellschaft einen Insolvenzantrag gestellt, Nach Abberufung dieses Vorstandsmitglieds wurde der Insolvenzantrag am 31.08.2011 zurückgenommen.

Einen weiteren Insolvenzantrag hat die Görling Rechtsanwaltsgesellschaft ebenfalls am 30.08.2011 gestellt. Die Zielgesellschaft hat die diesem Fremdantrag zugrundeliegende Forderung im Insolvenzeröffnungsverfahren bestritten. Zur Prüfung, ob nach der Rechtsform der Zielgesellschaft ein maßgeblicher Eröffnungsgrund gegeben ist und welche Aussichten ggf. für eine Fortführung des Unternehmens bestehen, hat das Amtsgericht Köln einen Gutachter bestellt. In seinem Zwischenbericht vom 07.10.2011 hat der gerichtlich bestellte Gutachter festgestellt, dass Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Insolvenzantrag ursprünglich zulässig war, nach Beseitigung des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit aber nachträglich unzulässig geworden ist.

Mit Ad-hoc-Mitteilung vom 07.09.2011 hat die Zielgesellschaft den Verlust von mehr als der Hälfte des Grundkapitals angezeigt.

In der Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 10.10.2011 unterbreitete der Vorstand die Anzeige nach § 91 Abs. 1 AktG.

Die Sparkasse KölnBonn hat mit Schreiben vom 08.09.2011 die Geschäftsbeziehung zur Mistral Media AG gekündigt und laufende Kredite in Höhe von rund 1,2 Mio. EUR fällig gestellt. Zur Begründung beruft sich die Sparkasse KölnBonn auf eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Zielgesellschaft.

Mit Beschluss vom 08.11.2011 hat das Amtsgericht Köln den Insolvenzantrag der Gläubigerin als unzulässig abgewiesen.

V. Sanierungskonzept der Antragsteller

Mit Schreiben vom 23.08.2011 hat die Antragstellerin zu 1 gegenüber der Zielgesellschaft erklärt, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen bereit sei, die Sanierung der Zielgesellschaft durch Leistung von Sanierungsbeiträgen zu unterstützen. Mit Schreiben vom 28.09.2011 hat die Antragstellerin zu 1 ihre Zusage modifiziert. Danach ist die Antragstellerin zu 1 bereit, einen Sanierungsbeitrag von insgesamt EUR 2.700.000 zu erbringen, den die Zielgesellschaft nach Wahl wie folgt in Anspruch nehmen kann:

• Platzierungszusage und Geldeingangsgarantie für eine Schuldverschreibung
• Ankauf fälliger Forderungen gegen die Mistral Media AG bzw. die Hurricane (mögliche Vorteile aus dem Erwerb von Forderungen unter ihrem Nennwert sollen dabei der Zielgesellschaft bzw. der Hurricane zufließen; die Forderungen sollen mindestens bis zum 31.12.2011 gestundet werden);
• Unterstützung der Kapitalaufnahme durch Sicherstellung eines Mindestvolumens für eine bis zum 15.04.2012 zu beschließende Kapitalerhöhung.

VI. Umsetzung des Sanierungskonzepts

Zum 02.09.2011 hat die Zielgesellschaft 6 %ige Inhaber-Schuldverschreibungen begeben (im Folgenden: „Anleihen“). Das Gesamtvolumen beträgt bis zu EUR 2.000.000,00. Hiervon wurden nach den Angaben der Zielgesellschaft im Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2010 bislang Anleihen in Höhe von EUR 1.600.000,00 ausgegeben. Nach den Anleihebedingungen sind diese bis zum 31.12.2012 zurückzuzahlen.

Die Antragstellerin zu 1 hält aktuell Anleihen in Höhe von EUR 1.150.000,00. Diese Anleihen wurden zunächst von Dritten gezeichnet und unmittelbar danach von der Antragstellerin zu 1 erworben. Die Dritten hätten ohne eine entsprechende Möglichkeit der Weitergabe an die Antragstellerin zu 1 die Anleihen nicht gezeichnet.

Zudem hat die Antragstellerin zu 1 von der Sparkasse KölnBonn mit Forderungskaufvertrag vom 17.10.2011 folgende Forderungen gegen die Zielgesellschaft zu einem Kaufpreis von EUR 649.877,62 erworben:

• Kontokorrent: EUR 25.905,61
• Darlehen: EUR 773.972,01

Mit Kaufvertrag vom 28.09.2011 hat die Antragstellerin zu 1 außerdem von der Magic Media Company TV-Produktionsgesellschaft Forderungen gegen die Hurricane im Gesamtwert von insgesamt EUR 230.151,22 zu einem Kaufpreis von EUR 185.000,00 erworben (die vorgenannten von der Sparkasse KölnBonn erworbenen Forderungen im Folgenden „Sparkassenforderungen“ und zusammen mit den von der Magic Media Company TV-Produktionsgesellschaft erworbenen Forderungen „die erworbenen Forderungen“).

Die erzielten Forderungsabschläge in Höhe von EUR 150.000,00 und EUR 45.151,22 hat die Antragstellerin an die Zielgesellschaft bzw. die Hurricane durch Verzichtserklärung vom 30.09.2011 bzw. vom 19.10.2011 weitergegeben. Die Antragstellerin zu 1 hat die vorgenannten Forderungen gegen die Zielgesellschaft bzw. die Hurricane bislang nicht eingefordert.

Zur weiteren Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation plant die Zielgesellschaft die Durchführung eines Kapitalschnitts (im Folgenden „Kapitalschnitt“). Hierzu wurde auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 10.10.2011 u. a. Folgendes beschlossen:

„2 a) Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von derzeit 3.771.000,00 Euro, eingeteilt in derzeit 3.771.000 Stückaktien, wird um 3.393.900,00 Euro auf 377.100,00 Euro herabgesetzt. Die Herabsetzung des Grundkapitals erfolgt nach den Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung gemäß §§ 229 ff. AktG und dient in voller Höhe dazu, Wertminderungen auszugleichen und sonstige Verluste zu decken. […]

3 a) Das gemäß Beschlussfassung unter Tagesordnungspunkt 2 auf 377.100,00 Euro herabgesetzte Grundkapital der Gesellschaft wird gegen Bareinlagen von 377.100,00 Euro um bis zu 2.136.900,00 Euro auf bis zu 2.514.000,00 Euro durch Ausgabe von bis zu 2.136.900 neuen auf den Namen lautende Stückaktien, jeweils mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals von 1,00 Euro je Stückaktie, gegen Bareinlagen erhöht.

3 b) Die neuen Aktien sind den Aktionären zum geringsten Ausgabebetrag von 1,00 Euro je Aktie gegen Bareinlagen zum Bezug anzubieten. Den Aktionären wird das Bezugsrecht auf die neuen Aktien entsprechend ihrem Anteil am Grundkapital nach Durchführung der zu Tagesordnungspunkt 2 zu beschließenden Kapitalherabsetzung gewährt. […]

3 e) […] Der Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals wird ungültig, wenn die Durchführung der Kapitalerhöhung nicht bis zum Ablauf des 15. April 2012 in das Handelsregister des Amtsgerichts Köln eingetragen wird.“

Nach Ansicht der Zielgesellschaft handelt es sich bei diesen Kapitalmaßnahmen um wichtige Teile des Sanierungskonzeptes, deren bloße Verzögerung den Erfolg der Sanierung gefährden könne. Um die rechtzeitige Umsetzung der beschlossenen Kapitalmaßnahmen zu gewährleisten, hat der Vorstand der Zielgesellschaft nach Anfechtung der Beschlüsse der Hauptversammlung vom 10.10.2011 ein Freigabeverfahren eingeleitet (vgl. Ad-hoc-Mitteilung vom 14.12.2011).

Durch Ad-hoc-Mitteilung hat die Zielgesellschaft am 31.01.2012 die erfolgreiche Durchführung des Freigabeverfahrens vor dem Oberlandesgericht Köln bekanntgegeben.

Im Rahmen des vom Gutachter geprüften Sanierungskonzeptes wird unterstellt, dass der Zielgesellschaft durch die beschlossene Kapitalerhöhung (im Folgenden „Kapitalerhöhung“) mindestens EUR 1.000.000,00 zufließen.

Die Antragstellerin zu 1 beabsichtigt im Rahmen der Kapitalerhöhung ihr Bezugsrecht vollständig auszunutzen und somit mindestens 638.442 Aktien zu zeichnen.

Gegenüber der Zielgesellschaft haben zudem zwei weitere Aktionäre schriftlich ihr Interesse bekundet, an der Kapitalerhöhung teilzunehmen.

VII. Geplante künftige wirtschaftliche Situation der Zielgesellschaft

Aufgrund von Verhandlungen mit dem Fernsehsender ProSieben geht der Vorstand der Zielgesellschaft davon aus, dass der Fernsehsender im Jahr 2012 das Format „Switch Reloaded“ fortsetzen möchte. Nach der Planung der Zielgesellschaft kann hierdurch im Jahr 2012 ein positiver Ergebnisbeitrag im niedrigen sechsstelligen Bereich erzielt werden (vgl. Ad-hoc-Mitteilung vom 29.11.2011).

Andererseits plant die Zielgesellschaft massive Kosteneinsparungen. So soll die eigentliche Produktionsarbeit durch einen Co-Produzenten durchgeführt werden, um hierdurch Personal, Raum- und Reisekosten zu sparen.

Zur Verringerung des administrativen und wirtschaftlichen Aufwands hat der Vorstand der Zielgesellschaft außerdem einen Wechsel vom regulierten Markt in den Entry Standard der Frankfurter Wertpapierbörse beschlossen (vgl. Ad-hoc-Mitteilung vom 22.12.2011).

Unter Berücksichtigung einer Kapitalerhöhung von EUR 1.000.000,00 soll sich das Eigenkapital der Zielgesellschaft nach deren Planung in den Jahren 2012 – 2014 positiv entwickeln und jeweils mehr als EUR 1.000.000 betragen.

VIII. Feststellungen des Gutachters zur Sanierungsfähigkeit

Der Gutachter hat die Planung der Zielgesellschaft auf ihre Plausibilität hin überprüft. Er hat hierzu insbesondere auch Gespräche mit einem Mitarbeiter des voraussichtlichen Co-Produzenten für die Produktion des Formats „Switch Reloaded“ im Jahr 2012 geführt, um die Angaben der Zielgesellschaft zum Umfang der erwarteten Beauftragung zu überprüfen. Zudem hat der Gutachter die erwarteten Kosteneinsparungen plausibilisiert.

Nach Ansicht des Gutachters könnten die aus der Kapitalerhöhung erwarteten Mittel von EUR 1.000.000,00 zur Rückzahlung der Anleihe verwendet werden. Da die Sparkassenforderung nach Ansicht des Vorstands durch ein Körperschaftsteuerguthaben gedeckt sei, verbliebe ein Finanzierungsbedarf von EUR 600.000,00, der durch künftige operative Cashflows zu decken wäre.

Nach seiner Prüfung kommt der Gutachter zu der Einschätzung, dass die Zielgesellschaft sanierungsfähig ist.

IX. Anträge

Die Antragsteller haben am 25.08.2011 beantragt, im Hinblick auf den beabsichtigten Erwerb der Kontrolle an der Zielgesellschaft gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG von den Pflichten aus § 35 WpÜG befreit zu werden.

Die Antragsteller sind der Ansicht, dass aufgrund der beabsichtigten Sanierung eine Befreiung gem. § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV gerechtfertigt sei. Die Zielgesellschaft sei sowohl sanierungsbedürftig als auch sanierungsfähig. Dies werde durch den Gutachter bestätigt. Andererseits sei der mit einem Pflichtangebot verbundene Kapitaleinsatz vor dem Hintergrund der aktuellen Größe der Zielgesellschaft unverhältnismäßig. Würde die Antragstellerin zu 1 nicht von den Pflichten aus § 35 WpÜG befreit, so sei die Sanierung der Zielgesellschaft aus Sicht der Antragsteller wirtschaftlich sinnlos. Zu den in die Sanierung der Zielgesellschaft investierten Mitteln kämen in diesem Fall noch die Kosten für die Durchführung eines Pflichtangebots. Diese würden mindestens EUR 2.247.696,65 betragen, da die Antragstellerin zu 1 aufgrund von Vorerwerben verpflichtet wäre, 2.644.349 Aktien der Zielgesellschaft zu einem Mindestpreis von EUR 0,85 zu erwerben.

B.

Den Anträgen war stattzugeben.

I. Zulässigkeit

Die Anträge der Antragsteller sind zulässig. Insbesondere sind sie fristgerecht gestellt.

1.

Gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-AV kann ein Antrag nach § 37 WpÜG schon vor der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft und innerhalb von sieben Kalendertagen nach dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem der Bieter Kenntnis davon hat oder nach den Umständen haben musste, dass er die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat. Da die Antragsteller derzeit noch keine Kontrolle an der Zielgesellschaft haben (vgl. Ziffer B II. 1. unten), sind die Anträge fristgerecht gestellt worden.

2.

Es besteht auch das notwendige Sachentscheidungsinteresse.

Die Kontrollerlangung durch die Antragsteller ist bisher nicht erfolgt. Sie ist jedoch aufgrund der geplanten Zeichnung von Aktien der Zielgesellschaft im Rahmen der Kapitalerhöhung absehbar. Mit Eintragung der Kapitalerhöhung würde die Antragstellerin zu 1 aller Voraussicht nach unmittelbar mehr als 30 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft halten und damit die Kontrollschwelle überschreiten (vgl. Ziffer B II. 1. unten).

Die Antragsteller zu 2-4 müssten sich diese Stimmrechte gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG zurechnen lassen (vgl. Ziffer B II. 1 unten). Damit wäre eine Kontrollerlangung sämtlicher Antragsteller verbunden. Es besteht daher auch ein Interesse der Antragsteller an der Befreiungsentscheidung.

3.

Die Anträge der Antragsteller können in einem einheitlichen Verfahren beschieden werden.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt und somit um ein Verwaltungsverfahren.

Bei einer Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG ist grundsätzlich ein einheitlich zu würdigender Lebenssachverhalt anzunehmen. Die erstmalige Kontrollerlangung durch das Tochterunternehmen (hier: die Antragstellerin zu 1.) fällt hier mit der Kontrollerlangung durch das jeweilige Mutterunternehmen (hier: die Antragsteller zu 2 bis 4) in Folge der Zurechnung zusammen. Das verbindende Element des gesamten Lebenssachverhalts bildet die Lenkungsmacht des Prinzipals (hier: der Antragsteller zu 4.).

II. Begründetheit

Die Antragsteller sind nach Abwägung ihrer Interessen gegenüber den Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß §§ 37 Abs. 1 und 2 i. V. m. 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV im Hinblick auf die beabsichtigte Sanierung der Zielgesellschaft von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG zu befreien.

1.

Die Antragsteller werden mit dem Wirksamwerden der Kapitalerhöhung aller Voraussicht nach die Kontrolle im Sinne von §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft erlangen.

a.

Zwar beabsichtigt die Antragstellerin zu 1 lediglich ihr Bezugsrecht in vollem Umfang auszuüben, also maximal 638.442 Aktien der Zielgesellschaft zu zeichnen. Es ist jedoch angesichts der wirtschaftlichen Situation der Zielgesellschaft nicht davon auszugehen, dass sämtliche übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft ihre Bezugsrechte ausüben. Würde aber, wie in dem vom Gutachter geprüften Sanierungskonzept unterstellt, das Kapital der Zielgesellschaft insgesamt nur um EUR 1.000.000,00 erhöht, so würde die Antragstellerin zu 1 nach der Kapitalerhöhung unter Berücksichtigung ihres bisherigen Aktienbesitzes mindesten 751.107 Aktien und damit rund 55 % der Stimmrechte der Zielgesellschaft halten. Selbst wenn das mögliche Kapitalerhöhungsvolumen zu 90 % ausgeschöpft und das Kapital der Zielgesellschaft auf EUR 2.300.310,00 erhöht würde, würde der Anteils der Antragstellerin mit dann rund 33 % der Stimmrechte noch die Kontrollschwelle überschreiten.

Mit der Eintragung der Kapitalerhöhung wird die Antragstellerin zu 1 damit aller Voraussicht nach auch für den Fall, dass sie lediglich Aktien in der Höhe der auf sie entfallenen Bezugsrechte zeichnet, die Kontrollschwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG überschreiten.

b.

Die von der Antragstellerin zu 1 unmittelbar gehaltenen Stimmrechte in der Zielgesellschaft werden der Antragstellerin zu 2 gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 Abs. 6 WpÜG, 290 Abs. 1 i. v. m. Abs. 2 Nr. 1 HGB zugerechnet, da die Antragstellerin zu 2. unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin zu 1 gehaltenen 351.988 eigenen Aktien 58,79 % der Stimmrechte der Antragstellerin zu 1 hält und die Antragstellerin zu 1 daher ein Tochterunternehmen der Antragstellerin zu 2 ist.

c.

Die der Antragstellerin zu 2 zuzurechnenden Stimmrechte in der Zielgesellschaft werden der Antragstellerin zu 3 gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG, 290 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 HGB zugerechnet, da die Antragstellerin zu 3 alleinige Gesellschafterin der Antragstellerin zu 2 und die Antragstellerin zu 2 daher ein Tochterunternehmen der Antragstellerin zu 3 ist.

d.

Die der Antragstellerin zu 3 zuzurechnenden Stimmrechte in der Zielgesellschaft werden dem Antragsteller zu 4 gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG, 290 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 HGB zugerechnet, da der Antragsteller zu 4 94,5 % der Stimmrechte der Antragstellerin zu 3 hält und die Antragstellerin zu 3 daher ein Tochterunternehmen des Antragstellers zu 4 ist.

2.

Die Zielgesellschaft ist sanierungsbedürftig, da bestandsgefährdende Risiken im Sinne von § 322 Abs. 2 Satz 3 HGB bestehen. Diese ergeben sich aus der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der drohenden Überschuldung der Zielgesellschaft.

a.

Im Jahr 2010 hat die Zielgesellschaft einen Verlust von EUR 18.200.149,17 erwirtschaftet. Ihr Eigenkapital verringerte sich von EUR 18.717.213,53 zum 31.12.2009 auf EUR 91.195,56 zum 31.12.2010. Im ersten Halbjahr 2011 hat sich die wirtschaftliche Lage der Zielgesellschaft weiter stets verschlechtert, da die Hurricane als derzeit einzige operativ tätige Gesellschaft des Konzerns der Zielgesellschaft keine positiven Ergebnisbeiträge und Mittelzuflüsse aus laufender Geschäftstätigkeit erzielen konnte. Im ersten Halbjahr 2011 war bei der Zielgesellschaft daher bereits ein Verlust von EUR ca. 740.000,00 aufgelaufen.

Das Eigenkapital der Zielgesellschaft war im ersten Halbjahr 2011 aufgebraucht. In der vorläufigen HGB-Bilanz zum 30.06.2011 musste die Zielgesellschaft bereits einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von EUR 585.000,00 ausweisen.

b.

Der Vorstand der Zielgesellschaft weist im Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2010 vom 07.12.2011 auf eine im Jahr 2011 eingetretene Gefährdung des Bestands der Zielgesellschaft hin. Diese Sichtweise wird vom Abschlussprüfer der Zielgesellschaft im Testat für den Jahresabschluss der Zielgesellschaft für das Geschäftsjahr 2010 vom 07.12.2011 bestätigt.

Auch der Gutachter geht davon aus, dass der Bestand der Zielgesellschaft im Sinne von § 321 Abs. 1 S. 3 HGB gefährdet ist, mithin Tatsachen vorliegen, welche die Fortführung der Zielgesellschaft in Frage stellen, also zum Insolvenzfall oder zur Liquidation führen können (vgl. Winkeljohann/Poullie in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 321, Rn. 34), Nach Ansicht des Gutachters ist die Zielgesellschaft auch nach der Beendigung der im Oktober 2011 eingetretenen Liquiditätskrise durch die bereits erbrachten Sanierungsbeiträge auf weitere Unterstützung durch Gesellschafter oder Fremdkapitalgeber angewiesen.

Die Feststellungen des Gutachters zur Sanierungsbedürftigkeit der Zielgesellschaft sind ohne weiteres nachvollziehbar. Insbesondere wird nach der vom Gutachter plausibilisierten Planung der Zielgesellschaft die zum Bilanzstichtag 31.12.2011 erwartete bilanzielle Überschuldung der Zielgesellschaft nur unter Berücksichtigung der geplanten Kapitalerhöhung beseitigt. Bliebe diese aus oder würde sie deutlich geringer ausfallen, als von der Zielgesellschaft erwartet, so bliebe die bilanzielle Überschuldung der Zielgesellschaft auch im Jahr 2012 bestehen. Zudem droht nach den Ausführungen des Gutachters zum Ende des Jahres 2012 eine weitere Liquiditätslücke.

Nachdem die Hurricane gegenwärtig keine positiven Ergebnisbeiträge und Mittelzuflüsse aus laufender Geschäftstätigkeit generieren kann, ist auch nicht erkennbar, wie die Zielgesellschaft die Krise aus eigener Kraft überwinden kann.

Umstände, die der Einschätzung des Vorstands, des Abschlussprüfers und des Gutachters im Hinblick auf die Sanierungsbedürftigkeit der Zielgesellschaft widersprechen würden, sind nicht ersichtlich.

3.

Das Sanierungskonzept der Antragsteller ist geeignet, die Krisenursache in Form der drohenden Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Zielgesellschaft zu beheben und so die Sanierung der Zielgesellschaft zu gewährleisten.

Diese Einschätzung wird durch die Feststellungen des Gutachters bestätigt.

An die Feststellung der Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dieser Feststellung um eine Prognose des Geschehensablaufs auf Basis der bisher ermittelten Daten handelt. Zum anderen kann eine Feststellung der Erfolgsaussichten nur die Plausibilität der Sanierungsmaßnahmen prüfen. Eine Prüfung, die berücksichtigt, ob ein anderes Konzept bessere Erfolge erzielen kann, ist vom Gesetzgeber nicht verlangt. Im Ergebnis kommt es darauf an, ob das Sanierungskonzept grundsätzlich geeignet ist, den Sanierungsfall zu lösen, nicht aber, ob dies auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

Die Antragstellerin zu 1 hat durch den Kauf der erworbenen Forderungen sowie durch die mittelbare Zeichnung eines erheblichen Teils der Anleihen die ansonsten in der zweiten Jahreshälfte 2011 drohende Zahlungsunfähigkeit der Zielgesellschaft zunächst verhindert.

Auch perspektivisch kann die Sanierung der Zielgesellschaft gelingen, da das Sanierungskonzept der Antragsteller auch die operative Gesundung der Zielgesellschaft als Teil der Sanierung einplant.

Das Sanierungskonzept der Antragsteller geht allerdings davon aus, dass sich neben der Antragstellerin zu 1 auch noch weitere Aktionäre an der Zielgesellschaft an der Kapitalerhöhung beteiligen, da nach dem Sanierungskonzept der Zielgesellschaft durch die Kapitalerhöhung mindestens EUR 1.000.000,00 zufließen sollen und müssen, von denen die Antragstellerin zu 1 voraussichtlich jedoch nur EUR 638.442,00 aufbringen wird. Zudem entsteht bei Fälligkeit der Anleihe in Höhe von EUR 1.600.000,00 zum 31.12.2012 nach den Ausführungen des Gutachters zusätzlicher Finanzierungsbedarf. Auch wenn die Zielgesellschaft die im Zuge der Kapitalerhöhung eingenommenen Mittel vollständig zur Rückzahlung der Anleihe verwendete, bestünde nach Ansicht des Gutachters zusätzlicher Finanzierungsbedarf in Höhe von EUR 600.000,00. Schließlich hängt die künftige Liquidität der Zielgesellschaft davon ab, dass die Antragstellerin zu 1 die Sparkassenforderungen mit dem Körperschaftsteuerguthaben verrechnet und nicht vorher fällig stellt, obwohl sie sich gegenüber der Zielgesellschaft nur zu einer Stundung bis zum 31.12.2011 verpflichtet hat.

Nach der derzeitigen Planung der Zielgesellschaft enthält das Sanierungskonzept daher Unwägbarkeiten, die über die allgemeine Planungsunsicherheit hinausgehen. Allerdings erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sich die in diesen Unwägbarkeiten enthaltenen Risiken nicht realisieren.

So liegen zwar keine konkreten Zusagen weiterer Aktionäre, sich in erforderlicher Höhe an der Kapitalerhöhung zu beteiligen, vor. Die Antragstellerin zu 1 hat aber Schreiben zweier weiterer Aktionäre der Zielgesellschaft vorgelegt, in denen diese ihr Interesse an der Beteiligung an der Kapitalerhöhung bekunden. Diese Schreiben belegen zumindest, dass die Annahme der Antragsteller, dass sich auch noch andere Aktionäre an der Kapitalerhöhung beteiligen werden, nicht unplausibel ist.

Zudem werden die Sanierungsbeiträge der Antragsteller durch die umfangreichen Maßnahmen zur Kostensenkung seitens der Zielgesellschaft ergänzt. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht unplausibel, dass der Zielgesellschaft die Zwischenfinanzierung der am 31.12.2012 auslaufenden Anleihe gelingen wird.

Hinzu kommt, dass die Antragstellerin zu 1 selbst Anleihen in einem Umfang von 1.150.000,00 hält. Sie kann also die vom Gutachter erwartete Finanzierungslücke durch eine Stundung der Anleihen ohne weiteres schließen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine weitere Stundung der erworbenen Forderungen.

Unter der Voraussetzung, dass sich die in den o. g. Unwägbarkeiten enthaltenen Risiken nicht realisieren ist das Sanierungskonzept der Antragsteller in Verbindung mit den von der Zielgesellschaft geplanten bzw. bereits durchgeführten Maßnahmen zur Kostensenkung grundsätzlich geeignet, den Sanierungsfall zu lösen und die ihm zugrunde liegenden Krisenursachen der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der drohenden Überschuldung zu beseitigen. Den besonderen Unwägbarkeiten des vorliegenden Sanierungskonzeptes kann durch Widerrufsvorbehalt Rechnung getragen werden (vgl. B III unten), so dass diese der Eignung des Sanierungskonzeptes nicht entgegenstehen.

4.

Im Rahmen des Sanierungskonzeptes der Antragstellerin zu 1 ist diese bereit, einen erheblichen Sanierungsbeitrag zu erbringen bzw. hat bereits erhebliche Mittel zur Sanierung der Zielgesellschaft aufgewendet.

Der Gesamtsanierungsbeitrag der Antragstellerin zu 1 setzt sich wie folgt zusammen:

Mittelbarer Erwerb von Anleihen: EUR 1.150.000,00
Erwerb und Stundung von Forderungen: EUR 834.877,62
Forderungsverzicht: EUR 195.151,22
Beteiligung an der Kapitalerhöhung: EUR 638.442,00

Insgesamt wird die Antragstellerin zu 1 daher EUR 2.818.470,48 aufwenden, die der Zielgesellschaft unmittelbar bzw. im Rall des Erwerbs der Anleihen mittelbar zugutekommen werden bzw. bereits zugutegekommen sind.

Die Leistungen der Antragstellerin zu 1 kommen insoweit den übrigen Antragstellern zu Gute. Sie nehmen über ihre unmittelbarer bzw. mittelbare Beteiligung an der Antragstellerin zu 1 an Chancen und Risiken, welche die Antragstellerin zu 1 mit den Sanierungsbeiträgen eingeht, teil.

5.

Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Bei einer Abwägung der Interessen der Antragsteller mit denen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft, die nach § 37 Abs. 1 WpÜG vorzunehmen ist, ist grundsätzlich bei Vorliegen eines Tatbestands des § 9 WpÜG-Angebotsverordnung von einem Vorrang der Interessen der potentiellen Bieter auszugehen. Durch die Sanierung soll der Fortbestand der Zielgesellschaft gesichert werden, was im Interesse aller Aktionäre der Zielgesellschaft ist, die ansonsten die drohende Insolvenz der Zielgesellschaft zu gegenwärtigen hätten. Da die Antragsteller im Rahmen der Sanierung durch die o. g. erhebliche Leistung (vgl. Ziffer B II 4.) zum Fortbestand der Zielgesellschaft AG beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden, den Aktionären der Zielgesellschaft darüber hinaus ein Pflichtangebot zu unterbreiten, das die Antragsteller in einem erheblichem Umfang zusätzlich finanziell belasten würde. Ihre Leistungen sollen vorrangig der Zielgesellschaft und damit mittelbar deren Aktionären zu Gute kommen. Daher ist die Befreiung nach § 37 WpÜG i. V. m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-AV grundsätzlich – wenn auch unter Nebenbestimmungen – zu erteilen.

Entgegenstehende Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft, die auch unter Berücksichtigung der bereits in § 9 WpÜG-Angebotsverordnung durch den Gesetzgeber vorweggenommenen Interessenabwägung besonderes Gewicht haben, sind – abgesehen von dem Interesse an der Gesundung der Zielgesellschaft teilzuhaben – nicht ersichtlich.

Die Aktienbeteiligungen der Aktionäre der Zielgesellschaft könnten u. U. durch die beabsichtigte Kapitalerhöhung verwässert werden. Insofern tragen die bisherigen Aktionäre der Zielgesellschaft einen Teil der in der Vergangenheit bei der Zielgesellschaft aufgelaufenen Verluste mittelbar über den Wertverlust ihres Aktienbesitzes mit. Da die Antragstellerin zu 1 aber nur von ihrem Bezugsrecht Gebrauch machen will und das Bezugsrecht der übrigen Aktionäre nicht ausgeschlossen ist, können diese die Verwässerung ihrer Beteiligung durch die Teilnahme an der Kapitalerhöhung vermeiden. Selbst diejenigen Aktionäre, die auf eine Ausübung ihres Bezugsrechts verzichten würden aber von einer Sanierung der Zielgesellschaft profitieren, wenn diese gelingt. Insofern besteht auch für die übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft die Chance einer positiven Partizipation, welche geeignet ist eine Ausnahme von der Angebotspflicht zu rechtfertigen.

III. Widerrufsvorbehalt

Rechtsgrundlage für die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Tenors dieses Bescheides ist § 36 Abs. 2 Nr. 2 WpÜG.

Die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Tenors dieses Bescheides sind geeignet und erforderlich, um seitens der Bundesanstalt den Befreiungsbescheid für den Fall widerrufen zu können, dass das Sanierungskonzept der Antragsteller nicht vollumfänglich umgesetzt wird oder sich bestehende Risiken des Sanierungskonzeptes realisieren.

IV. Auflagen

Rechtsgrundlage für die Auflagen unter Ziffer 3 des Tenors dieses Bescheides ist § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG.

Heidelberg, 2. März 2012

Deutsche Balaton Aktiengesellschaft, Heidelberg

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