Heidelberg (pta022/03.11.2021/12:55) –
Bescheid der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 1.
November 2021 über eine Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i. V. m. §
9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung
Zielgesellschaft: Decheng Technology AG, Köln (ISIN DE000A1YDDM9)
Ziegelhäuser Landstraße 1, 69120 Heidelberg
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat mit Bescheid vom
1. November 2021 den mit Schreiben vom 21. Juni 2021 gestellten
Anträgen der nachfolgend benannten Antragsteller auf Befreiung gemäß §
37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i. V. m. § 9 Satz 1 Nr. 3
WpÜG-Angebotsverordnung von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2 WpÜG im Zusammenhang mit der beabsichtigten Sanierung der Decheng
Technology AG, Köln, stattgegeben:
1. Deutsche Balaton Aktiengesellschaft, Heidelberg (Antragstellerin zu 1)
2. VV Beteiligungen Aktiengesellschaft, Heidelberg (Antragstellerin zu 2)
3. DELPHI Unternehmensberatung Aktiengesellschaft, Heidelberg (Antragstellerin zu 3)
4. Wilhelm Konrad Thomas Zours, Deutschland (Antragsteller zu 4)
zusammen im Folgenden auch die
„Antragsteller“
.
Der Tenor und die wesentlichen Gründe für die mit Auflagen und unter
Widerrufsvorbehalten erteilte Befreiung werden nachfolgend
wiedergegeben.
Der Tenor des Bescheids lautet wie folgt:
Bescheid:
1. Die Antragsteller werden gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz
1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung jeweils für den Fall, dass sie in Folge
der Durchführung der im Insolvenzplan der Decheng Technology AG, Köln,
in der Fassung, der deren Gläubigerversammlung am 14.10.2020 zugestimmt
hat, vorgesehenen Kapitalerhöhung um EUR 1.536.450,00 die Kontrolle über
die Decheng Technology AG, Köln, erlangen sollten, von den Pflichten,
nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu veröffentlichen,
nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine Angebotsunterlage zu
übermitteln und nach §§ 35 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG
ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2. Ich behalte mir vor, diesen Befreiungsbescheid jeweils in folgenden Fällen zu widerrufen:
a) Der Insolvenzplan gemäß vorstehender Ziffer 1 dieses Tenors wird
nicht spätestens bis zum 28.02.2022 nach § 253, § 254 Abs. 1
Insolvenzordnung (lnsO) rechtskräftig.
b) Die Antragstellerin zu 1 hat nicht im Rahmen der Kapitalerhöhung
nach Ziffer 1 dieses Tenors ihr Bezugsrecht vollständig ausgeübt und
darüber hinaus auch alle neuen Aktien gezeichnet, die nicht von anderen
Aktionären der Decheng Technology AG, Köln, oder sonstigen Investoren
bezogen wurden.
c) Die Durchführung einer Kapitalerhöhung nach Ziffer 1 dieses
Tenors wurde nicht bis zum 31.05.2022 in das Handelsregister der Decheng
Technology AG, Köln, eingetragen.
d) Die Antragstellerin zu 1 hat nicht bis zum 31.12.2021 das am
03./04.06.2020 gewährte Massedarlehen auf EUR 120.000,00 aufgestockt,
ohne die Konditionen dieses Vertrages im Übrigen zu verändern.
e) Die Rückzahlung des Massedarlehens gemäß vorstehender Ziffer
2.d) erfolgt nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht aus freien
Mitteln, die die Summe der im Rahmen der Kapitalerhöhung gemäß
vorstehender Ziffer 1. eingezahlten Ausgabebeträge übersteigen.
3. Die Befreiung ergeht unter folgenden Auflagen:
a) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht bis zum 01.02.2022 die Aufstockung des
Massedarlehens gemäß vorstehender Ziffer 2.d) durch Vorlage geeigneter
Unterlagen nachzuweisen.
b) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich spätestens bis zum 01.04.2022
den Eintritt der Rechtskraft eines Insolvenzplans gemäß Ziffer 1 dieses
Tenors durch Vorlage geeigneter Unterlagen (z.B. Ausfertigung des
Planbestätigungsbeschlusses mit Rechtskraftvermerk) nachzuweisen.
c) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht unverzüglich spätestens bis zum 01.07.2022
durch Vorlage einer Kopie des Zeichnungsscheins nachzuweisen, dass die
Antragstellerin zu 1 im Rahmen einer Kapitalerhöhung nach Ziffer 1
dieses Tenors ihr Bezugsrechts vollständig ausgeübt und darüber hinaus
auch alle neuen Aktien gezeichnet hat, die nicht von anderen Aktionären
der Decheng Technology AG, Köln, oder sonstigen Investoren bezogen
wurden.
d) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht die Eintragung der Durchführung der
Kapitalerhöhung gemäß Ziffer 1 dieses Tenors durch Vorlage geeigneter
Unterlagen (z.B. Handelsregisterauszug) spätestens bis zum 01.07.2022
nachzuweisen.
e) Die Antragsteller haben der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht bis zum 01.07.2022 den Bezug von Aktien
der Decheng Technology AG, Köln, nach Maßgabe von Ziffer 2 b dieses
Tenors durch die Antragstellerin zu 1 unter Angabe der im Übrigen
gehaltenen Aktien der Decheng Technology AG, Köln, durch Vorlage
geeigneter Unterlagen (z.B. Depotauszüge) nachzuweisen.
4. Für die positive Entscheidung über den Befreiungsantrag ist von den Antragstellern eine Gebühr zu entrichten.
Gründe
A. Sachverhalt
I. Zielgesellschaft
Zielgesellschaft ist die Decheng Technology AG, eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Sitz Köln, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter der Handelsregisternummer HRB 87176 (folgend
„Zielgesellschaft“).
Das Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt EUR 30.729.857,00 und ist
in 30.729.857 nennwertlose auf den Inhaber lautende Stückaktien mit
einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 je Aktie
eingeteilt. Die Aktien der Zielgesellschaft sind unter der ISIN
DE000A1YDDM9 zum Handel im regulierten Markt der Frankfurter
Wertpapierbörse zugelassen.
Die Antragsteller gehen auf Grundlage der von der Zielgesellschaft
veröffentlichten Stimmrechtsmitteilungen gemäß § 33 WpHG davon aus, dass
ein ehemaliger Vorstand der Zielgesellschaft, Herr Xiaofang Zhu, der
größte Einzelaktionär der Zielgesellschaft ist (folgend
„Mehrheitsaktionär“)
und 66,45 % des Grundkapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft
hält. Die Antragstellerin zu 1 hält derzeit unmittelbar 6.018.695 Aktien
der Zielgesellschaft. Dies entspricht einer Beteiligung am Grundkapital
und an den Stimmrechten der Zielgesellschaft in Höhe von rund 19,59 %.
Mit Beschluss vom 09.08.2018 vervollständigte das Amtsgerichts Köln
gemäß § 104 AktG den Aufsichtsrat der Zielgesellschaft durch
Neubestellung von drei Aufsichtsratsmitgliedern bis zum Ablauf der
nächsten Hauptversammlung, nachdem die bisherigen Mitglieder des
Aufsichtsrats mit Wirkung zum 15., 18. und 28.06.2018 ausgeschieden
waren.
Mit Beschluss vom 10.04.2019 berief der Aufsichtsrat der
Zielgesellschaft sämtliche bisherigen Vorstandsmitglieder mit sofortiger
Wirkung ab, da der Aufsichtsrat keinen Kontakt zu ihnen habe herstellen
können. Am gleichen Tag bestellte der Aufsichtsrat der Zielgesellschaft
Herrn Hansjörg Plaggemars zum alleinigen Vorstandsmitglied der
Zielgesellschaft (folgend
„aktueller Vorstand“).
II. Antragsteller
Bei den Antragstellerinnen zu 1 bis 3 handelt es sich ebenfalls um Aktiengesellschaften nach deutschem
Recht. Sitz der Antragstellerinnen zu 1 bis 3 ist jeweils Heidelberg.
Sie sind im Handelsregister des Amtsgerichts Mannheim unter HRB 338172
(Antragstellerin zu 1), HRB 337147 (Antragstellerin zu 2) und HRB 705381
(Antragstellerin zu 3) eingetragen.
Das Grundkapital der Antragstellerin zu 1 beträgt EUR 104.768,00 und ist
eingeteilt in 104.768 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem
rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 je Stückaktie. Die
Aktien der Antragstellerin zu 1) werden unter der ISIN DE0005508204 im
Basic Board des Open Market der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt.
Die Antragstellerin zu 2) hält unmittelbar 90.020 Aktien der
Antragstellerin zu 1. Dies entspricht einer Beteiligung von rund 85,92 %
der Stimmrechte der Antragstellerin zu 2.
Das Grundkapital der Antragstellerin zu 2 beträgt 50.000 EUR und ist in
50.000 Aktien mit einem Nennbetrag von jeweils EUR 1,00 eingeteilt.
Alleinige Aktionärin der Antragstellerin zu 2 ist die Antragstellerin zu
3.
Das Grundkapital der Antragstellerin zu 3 beträgt 52.000 EUR und ist in
26.000 Stückaktien eingeteilt. Hiervon hält der Antragsteller zu 4 94,5
%.
III. Gegenwärtige wirtschaftliche Lage der Zielgesellschaft
Die Zielgesellschaft hat am 27.05.2019 einen Insolvenzantrag gestellt.
Das Insolvenzverfahren wurde am 10.10.2019 wegen Zahlungsunfähigkeit und
Überschuldung eröffnet und wird beim Amtsgericht Köln unter dem
Aktenzeichen 72 IN 258/19 geführt. Zum Insolvenzverwalter wurde Dr.
Christoph Niering bestellt (folgend
„lnsolvenverwalter“).
In seinem Bericht an die Gläubigerversammlung am 08.01.2020 führt der Insolvenzverwalter unter anderem Folgendes aus:
,,Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens bestehen nicht. Bei
der Schuldnerin handelt es sich um eine reine Holdinggesellschaft ohne
operativen Geschäftsbetrieb. Da gegenwärtig keinerlei Zugriff auf die
möglicherweise noch in der Volksrepublik China tätigen Einheiten des
Konzerns besteht, erscheint eine Beibehaltung der bisherigen
Konzernstruktur unter Fortsetzung des bisherigen Geschäftszwecks kaum
denkbar. Es wird zu klären sein, ob es gelingt, über den Zugriff auf die
in Hongkong ansässige Zwischenholding gegebenenfalls Anhaltspunkte für
etwaige Vermögensgegenstände in der Volksrepublik China zu finden.
Mangels entsprechender finanzieller Mittel sind indes auch diese
Aussichten als gering zu qualifizieren.“
Seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens veröffentlicht die
Zielgesellschaft wieder regelmäßig Halbjahres-und Jahresfinanzberichte.
In ihrem zuletzt veröffentlichten Halbjahresfinanzbericht zum 09.04.2021
(folgend
„Halbjahresfinanzbericht“)
weist die Zielgesellschaft u.a. auf Folgendes hin:
• Bei der Zielgesellschaft handele es sich um die deutsche Holdinggesellschaft der Decheng-Gruppe.
• Spätestens seit Mitte des Jahres 2018 sei der Kontakt zu den
ehemaligen Vorständen der Zielgesellschaft, Herrn Xiaofeng Zhu, Herrn
Guan Hoe Ooi und Herrn Xiaohua Zhu abgerissen.
• Das operative Geschäft innerhalb der Decheng-Gruppe werde nach
den Angaben des früheren Vorstands der Zielgesellschaft ausschließlich
von einer chinesischen Gesellschaft, nämlich der Quanzhou De Cheng Tech
Resin Co. Ltd., Quanzhou City, Provinz Fujian, VR China betrieben
(folgend
„Quanzhou“).
Sämtliche Geschäftsanteile der Quanzhou würden von der Hong Kong De Cheng Holding Co. Ltd, Hong Kong, (folgend
„HK-Holding“)
gehalten. Über weitere Vermögenswerte der HK Holding sei der Zielgesellschaft nichts bekannt.
• Sämtliche Geschäftsanteile der HK-Holding würden von der
Zielgesellschaft gehalten. Dennoch habe sie derzeit keinen Einfluss auf
die Quanzhou, da sie jeglichen Kontakt zu dieser Gesellschaft verloren
habe. Zudem sei zu vermuten, dass das wesentliche Vermögen der Quanzhou
im Rahmen einer Zwangsversteigerung verkauft wurde und diese selbst
insolvent ist.
Der Halbjahresfinanzbericht weist zum 09.04.2021 ein Vermögen in Höhe
von EUR 65.498,86 aus. Dieses besteht im wesentlichen aus Guthaben bei
Kreditinstituten in Höhe von EUR 25.063,72 und Steuerguthaben in Höhe
von EUR 39.836,60. Dem stehen Verbindlichkeiten in Höhe von EUR
627.804,58 und Rückstellungen in Höhe von EUR 555.002,65 gegenüber. Der
nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag beläuft sich auf EUR
1.117.307,37. Die Gewinn- und Verlustrechnung des Halbjahresberichts
weist für den Zeitraum von 10.10.2020-09.04.2021 einen Jahresfehlbetrag
in Höhe von EUR 41.731,68 aus. Unter Berücksichtigung eines
Verlustvortrags in Höhe von EUR 33.654.249,96 führt dies zu einem
Bilanzverlust in Höhe von EUR 33.695.981,64. Die in der Gewinn- und
Verlustrechnung ausgewiesenen sonstigen betrieblichen Erträge beruhen
auf Zinsen für ein Darlehen an die HK-Holding. Die sonstigen
betrieblichen Aufwendungen in Höhe von TEUR 54 resultieren im
Wesentlichen aus Kosten für Aufsichtsratsvergütungen (TEUR 21),
Abschluss-und Prüfungskosten (TEUR 13 und Kosten für die Börsennotierung
(TEUR 7).
Mit Schreiben vom 27.07.2020 reichte die Zielgesellschaft beim
Amtsgericht Köln mit dem Ziel einer Entschuldung und Rekapitalisierung
einen Insolvenzplan ein (folgend
„Insolvenzplan“).
Die Gläubigerversammlung hat den Insolvenzplan am 14.10.2020 mit kleineren Änderungen einstimmig angenommen.
Unter Ziffer C.7 des Insolvenzplans weist die Zielgesellschaft unter anderem auf Folgendes hin:
„Wie bereits unter Punkt C.4 erläutert, ist für die Insolvenz der
Decheng Technology AG der fehlende Durchgriff auf ihre chinesische
Tochtergesellschaft ursächlich. Deswegen wurden die dort vermeintlich
erwirtschafteten Erträge nicht an die Holdinggesellschaft zumindest in
dem Umfang abgeführt, dass die Holdinggesellschaft, die Decheng
Technology AG über ausreichende Liquidität zur Begleichung ihrer
Verbindlichkeiten verfügt hätte.
Die Erkenntnis über diese fehlenden Durchgriffsmöglichkeiten und die
fehlende Transparenz über die tatsächliche Vermögensituation der
Konzerntöchter führte auch zur Abschreibung der Beteiligung an der
direkten Tochtergesellschaft auf einen Erinnerungswert von 1,00 EUR.
Letztlich ist die Decheng ohne Durchgriff auf die Tochtergesellschaften
nicht in der Lage, Erträge aus ihren Beteiligungen zu erwirtschaften.“
IV. Sanierungskonzept
Nach den Angaben der Antragsteller verfolgen sie mit ihren
Sanierungsbemühungen das Ziel, es der Zielgesellschaft zu ermöglichen,
sich neu auszurichten und als Beteiligungsgesellschaft zu betätigen.
Durch das der Zielgesellschaft im Rahmen der Sanierung seitens der
Antragstellerin zu 1 zuzuführende bzw. zugeführte Kapital werde die
Zielgesellschaft in die Lage versetzt, ihre neue Geschäftstätigkeit zu
finanzieren.
Die Antragstellerin zu 1 hat der Zielgesellschaft bereits vor
Antragstellung Darlehen zur Sicherung der Verfahrenskosten des
Insolvenzverfahrens und zur Deckung der laufenden Kosten während des
Insolvenzverfahrens gewährt. Im Einzelnen handelt es sich um folgende
Verträge:
* Darlehensvertrag vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgend
„Vorabdarlehen“)
Abschluss: 26.08.2019
Darlehenssumme: EUR 20.000,00
Zweck: Deckung der laufenden Kosten der Zielgesellschaft sowie der Verfahrenskosten des Insolvenzverfahrens
Konditionen: zinslos, auf unbestimmte Zeit gewährt, von der
Darlehensgeberin mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündbar
* Massekreditvereinbarung (folgend
„Massedarlehen“)
Abschluss: 03./04.06.2020
Darlehenssumme: EUR 105.000,00
Zweck: Zahlung von Masseverbindlichkeiten und sachgerechte Abwicklung des Insolvenzverfahrens
Konditionen: Zinssatz 6 %, Rückzahlung bis spätestens 30.06.2029 aus der
Masse und nur soweit ausreichend Liquidität vorhanden ist
Im Übrigen besteht das Sanierungskonzept der Zielgesellschaft in der
Umsetzung des Insolvenzplans, an dessen Ausarbeitung die Antragstellerin
zu 1 beteiligt war.
Dieser sieht vor, der Zielgesellschaft im Rahmen der finanziellen
Sanierung Eigenmittel zuzuführen, damit diese Investitionen in
Kapital-und Personengesellschaften tätigen kann. Der Zielgesellschaft
sollen hierzu rund EUR 1,5 Millionen neues Kapital zugeführt werden und
zwar wie folgt:
(i) Herabsetzung des Grundkapitals der Zielgesellschaft durch Einziehung
von 857 Aktien, welche die Antragstellerin zu 1 unentgeltlich zur
Verfügung stellt, von EUR 30.729.857,00 um EUR 857,00 auf EUR
30.729.000,00 (folgend
„Kapitalherabsetzung I“)
(ii) Vereinfachte Herabsetzung des Grundkapitals der Zielgesellschaft
durch Zusammenlegung von Aktien im Verhältnis 500 zu 1 von EUR
30.729.000 um EUR 30.667.542 auf EUR 61.458 (folgend
„Kapitalherabsetzung II“)
(iii) Barkapitkalerhöhung um EUR 1.536.450,00 auf EUR 1.597.908 durch
Ausgabe von 1.536.450 neuen Aktien zu einem Ausgabepreis von EUR 1,00
(folgend
„Kapitalerhöhung“).
Im Rahmen der Kapitalerhöhung soll den Aktionären der Zielgesellschaft
ein Bezugsrecht auf die neuen Aktien im Verhältnis 1 zu 25 gewährt
werden. Aktien, für die im Rahmen der Kapitalerhöhung die Bezugsrechte
nicht ausgeübt werden, werden zu 50 % den bezugsberechtigten Aktionären
(einschließlich der Antragstellerin zu 1) zum Überbezug und im Übrigen
ausschließlich der Antragstellerin zu 1 angeboten. Die Antragsteller
haben in ihrem Antragsschriftsatz erklärt, dass die Antragstellerin zu 1
beabsichtige, im Rahmen der Kapitalerhöhung nicht nur ihre Bezugsrechte
auszuüben, sondern sämtliche Aktien zu zeichnen, für die im Rahmen von
Bezugs-und Überbezugsrechten keine Zeichnungserklärungen eingehen. Die
Antragstellerin zu 1 werde daher notfalls die Kapitalerhöhung
vollständig zeichnen, sollte kein anderer Aktionär seine Bezugsrechte
ausüben wollen. Die Kapitalerhöhung ist innerhalb von sechs Monaten ab
Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach rechtskräftiger Bestätigung des
Insolvenzplans durchzuführen.
Zudem sieht der Insolvenzplan eine quotale Befriedigung der
ungesicherten Insolvenzgläubiger aus einer verteilungsfähigen Masse in
Höhe von EUR 10.000,00 (folgend
„Quote“)
und im Übrigen eine Befreiung der Zielgesellschaft von ihren
Restschuldverbindlichkeiten vor. Die Quote ist 15 Monate und einen Tag
nach Verfahrensaufhebung gem. § 258 lnsO fällig.
Hierdurch soll die finanzielle und rechnerische Überschuldung der
Zielgesellschaft beseitigt und deren Zahlungsfähigkeit wiederhergestellt
werden.
Der Insolvenzplan sieht folgende Planbedingungen vor:
„1. dem von der Deutschen Balaton
AG bei der BaFin beabsichtigten Befreiungsantrag noch § 37 WpÜG bzgl.
der Befreiung von der Verpflichtung zur Abgabe eines Übernahmeangebotes
wird stattgegeben;
2. Die von der Decheng Technology AG erstellten Jahresfinanzberichte für
die Geschäftsjahre 2017 und 2018 werden einer prüferischen Durchsicht
durch die RSM GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt,
unterzogen;
3. Der von der Decheng Technology AG erstellte Jahresfinanzbericht zur
Insolvenzeröffnung wird durch die RSM GmbH,
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt, geprüft wobei auch ein mit
Versagungsvermerk geprüfter Abschluss als geprüfter Abschluss gilt;
4. Von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht wegen
Verfehlungen aus der Zeit vor der Abstimmung über den lnsolvenzplan ggf.
noch festzusetzende Bußgelder übersteigen nicht einen Betrag in Höhe
von EUR 170.000,00.“
Die vorstehenden Planbedingungen gelten als endgültig nicht erfüllt,
wenn der Eintritt der Planbedingungen oder ein eventueller Verzicht der
Antragstellerin zu 1 auf den Eintritt der Planbedingungen dem
Insolvenzgericht nicht bis zum 31.12.2021 schriftlich angezeigt werden.
Der Insolvenzplan tritt mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses in Kraft.
V. Geplante künftige wirtschaftliche Situation der Zielgesellschaft
Die Zielgesellschaft plant nach ihren Ausführungen im Insolvenzplan
künftig als Beteiligungsgesellschaft tätig zu sein und beabsichtigt,
Investitionen in Kapital-und Personengesellschaften zu tätigen. Sie will
sich dabei in erster Linie auf den Erwerb von Beteiligungen an deutschen und europäischen Gesellschaften konzentrieren, schließt aber auch außereuropäische Investitionen nicht aus.
In einem im Auftrag der Zielgesellschaft von der WSB Treuhand GmbH, Mannheim, (folgend die
„Gutachterin“)
am 09.06.2021 angefertigten Gutachten über die Plausibilität des Businessplans (folgend der
„Businessplan“)
der Zielgesellschaft (folgend das
„Gutachten“)
heißt es hierzu:
„Der uns vorgelegte Finanzplan sieht vor, dass zunächst in Beteiligungen an deutschen
und europäischen Gesellschaften und Wertpapiere investiert wird. Die
daraus resultierenden Renditen werden laut Plan mit 13 % p. a.
verzinst.“
Die Gutachterin hält die Annahme der Zielgesellschaft zur Höhe der
erzielbaren Zinsen für plausibel. So habe zum Beispiel die
Antragstellerin zu 1 im ersten Halbjahr 2020 eine durchschnittliche
Eigenkapitalverzinsung von ca. 13 % p.a. erreicht. Auch im Durchschnitt
der letzten zehn Jahre sei eine entsprechende Verzinsung erreicht
worden.
Diese Sichtweise deckt sich mit Veröffentlichungen der Antragstellerin zu 1. Auf ihrer Homepage weist diese auf Folgendes hin:
„Auf Basis des Eigenkapitals am 31. Dezember 2009 ergibt sich z.B. bis
zum Ende des Geschäftsjahres 2019 eine Wertsteigerung um insgesamt 225,5
%; dies entspricht einer Wertsteigerung von 12,5 % p.a. über diesen
Zehn-Jahres-Zeitraum.“
Vor diesem Hintergrund geht die Gutachterin davon aus, dass die
Zielgesellschaft in den kommenden Jahren mit folgenden Zinserträgen
rechnen könne:
* Rumpfgeschäftsjahr 01.10. -31.12.2021: EUR 42.250,00
* Geschäftsjahre 2022 bis 2024: EUR 169.000,00 p.a.
Dem stünden folgende zu erwartenden Ausgaben gegenüber:
* Rumpfgeschäftsjahr 01.01.-30.09.2021: EUR 49.115
* Rumpfgeschäftsjahr 01.10. – 31.12.2021: EUR 49.244
* Geschäftsjahre 2022 bis 2024: EUR 139.577,00 p.a,
Bereits zum Ende des nächsten Geschäftsjahres sei daher damit zu
rechnen, dass die Zielgesellschaft einen Gewinn nach Steuern
erwirtschaftet und zwar in den Geschäftsjahren bis zum 31.12.2024
jeweils in Höhe von EUR 16.576,54. Nach Ansicht der Gutachterin sei das
Konzept der Zielgesellschaft so erstellt, dass die Tragfähigkeit für die
Mittel-und langfristige Fortführung des Unternehmens gegeben ist. Es
erscheine plausibel, dass der Gewinn nach Steuern wieder im positiven
Bereich liegen wird. Zudem werde die Zielgesellschaft im Rahmen des
Insolvenzplans vollständig entschuldet.
Im Ergebnis geht die Gutachterin davon aus, dass das Sanierungskonzept
geeignet ist, die langfristige Fortführung der Zielgesellschaft zu
ermöglichen. Es erscheine plausibel, dass das Einkommen nach Steuern
wieder im positiven Bereich liegen und ab dann jährlich wachsen wird.
Die Antragsteller haben den Businessplan, der dem Gutachten zugrunde
liegt, zur Begründung ihres Antrags vorgelegt. Mit Schreiben vom
27.08.2021 haben die Antragsteller aber darauf hingewiesen, dass das
Planungsmodell der Zielgesellschaft nochmals angepasst werden musste.
Hintergrund sei, dass dieses Planungsmodell von der Durchführung der
Kapitalerhöhung noch im September 2021 ausgehe. Da man derzeit damit
rechnen müsse, dass sich die Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch bis
Ende 2021 verzögern kann, habe die Zielgesellschaft mittlerweile ein
neues Planungsmodell (folgend das
„aktualisierte Planungsmodell“)
erstellt. Das aktualisierte Planungsmodell unterstellt einen
Mittelzufluss aus der Kapitalerhöhung im Februar 2022. Hiernach verfügt
die Zielgesellschaft nach dem Mittelzufluss aus der Kapitalerhöhung
durchgehend über einen positiven Bestand an Finanzmitteln. Zudem geht
die Zielgesellschaft davon aus, dass sie im Geschäftsjahr 2022
Zinserträge in Höhe von EUR 140.833,00 erwirtschaften kann und ab dem
Geschäftsjahr 2023 in Höhe von EUR 169.000,00. Dem stehen nach dem
aktualisierten Planungsmodell Ausgaben in Höhe von EUR 152.402,00 im
Geschäftsjahr 2022 und in Höhe von EUR 139.577 ab dem Geschäftsjahr 2023
gegenüber. Die Passivseite der Bilanz würde zum Februar 2022
Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 308.097 ausweisen. Dem würden
Aktivposten in Höhe von EUR 1.537.097,00 gegenüberstehen.
Die Antragsteller weisen allerdings darauf hin, dass aufgrund des
späteren Mittelzufluss aus der Kapitalerhöhung die Kosten für die
Erstellung eines weiteren Jahresabschlusses (Stichtag 09.10.2021) noch
vor dem Mittelzufluss aus der Kapitalerhöhung anfallen. Aus diesem
Grunde sei es erforderlich, den bestehenden Massekredit auf EUR
120.000,00 aufzustocken. Die Antragsteller haben erklärt, hierzu bereit
und in der Lage zu sein.
VI. Anträge
Mit Schreiben vom 21.06.2021, eingegangen am 24.06.2021 beantragen die Antragsteller,
„gemäß § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG in Verbindung mit § 9 Satz 1 Nr. 3
WpÜG-Angebotsverordnung für den Fall, dass sie in Folge der in einem
rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan im Insolvenzverfahren über das
Vermögen der Decheng Technology AG mit Sitz in Köln, eingetragen im
Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter HRB 87176, vorgesehenen und
durchgeführten Kapitalerhöhung, im Hinblick auf die Antragsteller zu 24
in Verbindung mit § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG, die Kontrolle über die
Decheng Technology AG mit Sitz in Köln erlangen, von den Pflichten,
nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung zu veröffentlichen,
nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der Bundesanstalt eine Angebotsunterlage zu
übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 2
Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit zu werden.“
Die Antragsteller sind der Ansicht, dass aufgrund der beabsichtigten
Sanierung eine Befreiung gem. § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9
Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung gerechtfertigt ist. Die
Zielgesellschaft sei sowohl sanierungsbedürftig als auch
sanierungsfähig. Die Antragsteller leisteten auch einen erheblichen
Beitrag zur Sanierung der Zielgesellschaft.
Die Antragsteller wurden mit Schreiben vom 27.10.2021 zu den
Widerrufsvorbehalten und Auflagen angehört. Mit Schreiben vom 29.10.2021
erklärten die Antragsteller, dass sie keine Einwände gegen die
vorgesehenen Nebenbestimmungen haben.
B. Rechtliche Würdigung
Den Anträgen war stattzugeben.
I. Zulässigkeit
Die Anträge der Antragsteller sind zulässig. Insbesondere sind sie fristgerecht gestellt.
Gemäß § 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung kann ein Antrag nach § 37 WpÜG
schon vor der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft und
innerhalb von sieben Kalendertagen nach dem Zeitpunkt gestellt werden,
zu dem der Bieter Kenntnis davon hat oder nach den Umständen haben
musste, dass er die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt hat. Da
die Antragsteller derzeit noch keine Kontrolle an der Zielgesellschaft
haben (vgl. nachstehend Ziffer B. II. 1), sind die Anträge fristgerecht
gestellt worden.
Über die Anträge konnte auch vor dem Kontrollerwerb der Antragsteller
entschieden werden. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die
Kontrollerlangung als vorhersehbar (BT-Drs. 14/7034 v. 05.10.2001, S.
81) und aus Gründen der Sicherstellung der ernsthaften Bereitschaft zum
Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich (vgl. Krause/Pötzsch/Seiler, in:
Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 8 WpÜG-Angebotsverordnung, Rn. 8 f.)
darstellt. Wird die Kapitalerhöhung, so wie von den Antragstellern
erwartet, durchgeführt, kommt es mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
zum Kontrollerwerb (vgl. nachstehend Ziffer B.II.1.).
Auch, dass es tatsächlich zur Kapitalerhöhung kommt, ist hinreichend
wahrscheinlich. Zwar sieht der Insolvenzplan eine Reihe von Bedingungen
vor, die erfüllt sein müssen, bevor das Gericht den zur Wirksamkeit des
Insolvenzplans erforderlichen Bestätigungsbeschluss fassen kann (§§ 248,
249 lnsO). Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsteller damit
rechnen/rechnen müssen, dass eine oder mehrere dieser Planbedingungen
ausfallen, bestehen allerdings nicht. Nachdem die Antragsteller der
Zielgesellschaft durch das Vorabdarlehen und das Massedarlehen bereits
im erheblichen Umfang Mittel zu Verfügung gestellt haben ist im
Gegenteil davon auszugehen, dass sie damit rechnen, die Sanierung der
Zielgesellschaft wie im Insolvenzplan vorgesehen, durchführen zu können.
Die Anträge der Antragsteller können auch in einem einheitlichen Verfahren beschieden werden.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen einheitlichen
Lebenssachverhalt und somit um ein Verwaltungsverfahren. Vorliegend
müssen sich die Antragsteller zu 2 bis 4 wegen des zwischen den
Antragstellern jeweils bestehenden Mutter-/Tochterverhältnisses
sämtliche Stimmrechte aus den von der Antragstellerin zu 1 zu
erwerbenden Aktien der Zielgesellschaft nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1;
Satz 3 WpÜG zurechnen lassen (vgl. nachstehend Ziffer B.II.2). Bei einer
Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG ist grundsätzlich ein
einheitlich zu würdigender Lebenssachverhalt anzunehmen. Die erstmalige
Kontrollerlangung durch das Tochterunternehmen (hier: die
Antragstellerin zu 1) fällt hier mit der Kontrollerlangung durch das
jeweilige Mutterunternehmen (hier: die Antragstellerin zu 2 bis 4) in
Folge der Zurechnung zusammen. Das verbindende Element des gesamten
Lebenssachverhalts bildet die Lenkungsmacht des Prinzipals (hier: der
Antragsteller zu 4).
II. Begründetheit
Die Antragsteller sind nach Abwägung ihrer Interessen gegenüber den
Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß §§ 37
Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung im
Hinblick auf die beabsichtigte Sanierung der Zielgesellschaft von den
Pflichten aus § 35 Abs. 1 und 2 WpÜG zu befreien.
1. Kontrollerwerb der Antragstellerin zu 1
Eine Befreiung nach Maßgabe von § 37 Abs. 1 und 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1
Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung setzt zunächst voraus, dass der jeweilige
Antragsteller eine kontrollrelevante Beteiligung zum Zweck der
Sanierung der Zielgesellschaft erwirbt bzw. erwerben will
(Krause/Pötzsch/Seiler in: Assmann/Pötzsch Uwe H. Schneider, WpÜG, § 9
WpÜG-AngVO, Rn. 20).
Die Antragstellerin zu 1 wird mit dem Wirksamwerden der Kapitalerhöhung
aller Voraussicht nach die Kontrolle im Sinne der §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG
über die Zielgesellschaft erlangen.
Die Antragsteller haben in ihrem Antragsschriftsatz erklärt, dass die
Antragstellerin zu 1 beabsichtige, im Rahmen der Kapitalerhöhung nicht
nur ihre Bezugsrechte auszuüben, sondern sämtliche Aktien zu zeichnen,
für die im Rahmen von Bezugs- und Überbezugsrechten keine
Zeichnungserklärungen eingehen. Die Antragstellerin zu 1 werde daher
notfalls die Kapitalerhöhung vollständig zeichnen, sollte kein anderer
Aktionär seine Bezugsrechte ausüben wollen.
Vorliegend ist nicht damit zu rechnen, dass sich weitere Aktionäre in
einem wesentlichen Umfang an der Kapitalerhöhung beteiligen. Die
Antragsteller haben plausibel dargelegt, dass der Kontakt zum
derzeitigen Mehrheitsaktionär abgerissen ist und dieser vor seiner
Abberufung als Vorstand der Zielgesellschaft weder seine diesbezüglichen
Aufgaben noch seine Interessen als Aktionär der Zielgesellschaft
wahrgenommen hat. Der Vortrag der Antragsteller wird durch die Angaben
des Insolvenzverwalters gestützt. Vor diesem Hintergrund ist es, wenn
auch nicht sicher, so doch überwiegend wahrscheinlich, dass sich der
Mehrheitsaktionär nicht an der Kapitalerhöhung beteiligen wird. In
diesem Falle würde die Antragstellerin zu 1 nach der Kapitalerhöhung,
selbst dann wenn alle übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft von ihrem
Bezugsrecht und der ihnen im Insolvenzplan eingeräumten Möglichkeit
nicht bezogene Aktien zu erwerben, über 800.000 Aktien der
Zielgesellschaft unmittelbar halten. Dies entspräche mehr als 50 % des
(erhöhten) Grundkapitals und der Stimmrechte der Zielgesellschaft. Die
Kontrollschwelle des § 29 Abs. 2 WpÜG würde somit erreicht, und sogar
deutlich überschritten.
Obwohl diese Prognose letztlich nicht mit absoluter Sicherheit getroffen
werden kann, wirken sich die verbleibenden Unsicherheiten nicht zu
Lasten der Antragsteller aus. Eine Befreiungsentscheidung ergeht nach
dem Tenor dieses Bescheids ohnehin nur, wenn die Antragsteller die
Kontrolle über die Zielgesellschaft im Zuge der Kapitalerhöhung
tatsächlich erlangen.
2. Kontrollerwerb der übrigen Antragsteller
Die von der Antragstellerin zu 1 unmittelbar gehaltenen Stimmrechte in
der Zielgesellschaft werden der Antragstellerin zu 2 gemäß §§ 30 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG, 290 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 HGB
zugerechnet werden, da die Antragstellerin zu 2 85,92 % der Stimmrechte
der Antragstellerin zu 1 hält und die Antragstellerin zu 1 daher ein
Tochterunternehmen der Antragstellerin zu 2 ist.
Die der Antragstellerin zu 2 zuzurechnenden Stimmrechte in der
Zielgesellschaft werden der Antragstellerin zu 3 gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG, 290 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 HGB
zugerechnet werden, da die Antragstellerin zu 3 alleinige
Gesellschafterin der Antragstellerin zu 2 und die Antragstellerin zu 2
daher ein Tochterunternehmen der Antragstellerin zu 3 ist.
Die der Antragstellerin zu 3 zuzurechnenden Stimmrechte in der
Zielgesellschaft werden dem Antragsteller zu 4 gemäß §§ 30 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG, 290 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 HGB
zugerechnet werden, da der Antragsteller zu 4 94,5 % der Stimmrechte der
Antragstellerin zu 3 hält und die Antragstellerin zu 3 daher ein
Tochterunternehmen des Antragstellers zu 4 ist.
3. Zweckzusammenhang zwischen Kontrollerwerb und Sanierung
Der erforderliche Zweckzusammenhang zwischen Kontrollerwerb und
Sanierung folgt vorliegend aus dem Insolvenzplan, welcher in seinem
gestaltenden Teil die Kapitalerhöhung vorsieht, durch welche die
Antragsteller aller Voraussicht nach (vgl. hierzu vorstehend Ziffer
B.II.1 und 2) die Kontrolle über die Zielgesellschaft erwerben werden.
Dieser innere Zusammenhang zwischen Kontrollerwerb und Sanierung wird
durch die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Tenors verfestigt.
Leistet die Antragstellerin zu 1 die in Aussicht gestellten
Sanierungsbeiträge nicht, kann die Befreiung widerrufen werden.
4. Sanierungsbedürftigkeit der Zielgesellschaft
Ein Sanierungsfall liegt vor, wenn bei der Zielgesellschaft bestandsgefährdende Risiken im Sinne von § 322 Abs. 2 HGB bestehen.
Die Sanierungsbedürftigkeit in der Zielgesellschaft ergibt sich
vorliegend aus dem Umstand, dass das Insolvenzverfahren über das
Vermögen der Zielgesellschaft wegen Zahlungsunfähigkeit und
Überschuldung bereits eröffnet wurde. Wird dieses nicht nach Rechtskraft
des Bestätigungsbeschlusses zum Insolvenzplan aufgehoben (§ 258 Abs. 1
lnsO), droht der Zielgesellschaft letztlich die Amtslöschung nach § 394
Abs. 1 Satz 2 FamFG. Der Bestand der Zielgesellschaft ist derzeit daher
zweifellos gefährdet.
5. Sanierungsfähigkeit der Zielgesellschaft
Die im Insolvenzplan vorgesehenen Maßnahmen sind auch geeignet, die
Zielgesellschaft in die Lage zu versetzen, als Beteiligungsgesellschaft
Erträge zu erzielen und so auch den Fortbestand der Zielgesellschaft zu
sichern.
Im Rahmen des Insolvenzplans wird die Zielgesellschaft zunächst
vollständig entschuldet. Aus dem aktualisierten Planungsmodell der
Zielgesellschaft ergibt sich zudem, dass nach Durchführung der im
Insolvenzplan vorgesehenen Kapitalerhöhung keine bilanzielle
Überschuldung der Zielgesellschaft mehr besteht. Die Passivseite der
Bilanz würde zum Februar 2022 Verbindlichkeiten in Höhe von EUR 308.097
ausweisen. Dem würden Aktivposten in Höhe von EUR 1.537.097,00
gegenüberstehen.
Zudem verfügt die Zielgesellschaft bereits seit dem Jahr 2019 wieder über handlungsfähige Organe.
Da die Zielgesellschaft durch die vorstehenden Maßnahmen in die Lage
versetzt wird, eine Geschäftstätigkeit als Beteiligungsgesellschaft
aufzunehmen, kann die Sanierung der Zielgesellschaft auch perspektivisch
gelingen. Unter Berücksichtigung der im aktualisierten Planungsmodell
ausgewiesenen Planergebnisse soll die Zielgesellschaft bereits ab dem
Geschäftsjahr 2022 positive Ergebnisbeiträge erwirtschaften und ab dem
Geschäftsjahr 2023 die Gewinnzone erreichen. Die Zielgesellschaft geht
danach davon aus, dass sie im Geschäftsjahr 2022 Zinserträge in Höhe von
EUR 140.833,00 erwirtschaften kann und ab dem Geschäftsjahr 2023 in
Höhe von EUR 169.000,00. Dem stehen Ausgaben in Höhe von EUR 152.402,00
im Geschäftsjahr 2022 und in Höhe von EUR 139.577 ab dem Geschäftsjahr
2023 gegenüber.
Zudem verfügt die Zielgesellschaft nach dem aktualisierten
Planungsmodell nach dem Mittelzufluss aus der Kapitalerhöhung
durchgehend über einen positiven Bestand an Finanzmitteln.
Auch die Gutachterin geht im Gutachten davon aus, dass der Fortbestand
der Zielgesellschaft durch die im Insolvenzplan vorgesehenen Maßnahmen
gesichert und der Zielgesellschaft eine nachhaltige Perspektive eröffnet
wird.
Allerdings unterstellt die Planung der Zielgesellschaft, dass sie als
Beteiligungsgesellschaft eine Rendite von ca. 13 % auf das eingesetzte
Kapital erwirtschaftet. Diese Planung erscheint mit Blick auf das
derzeitige Zinsniveau ambitioniert. Angesichts des Umstands, dass es der
Antragstellerin zu 1 in der Vergangenheit offensichtlich gelungen ist,
eine durchschnittliche Eigenkapitalrendite von über 12 % p.a. zu
erwirtschaften, erscheint es aber nicht unplausibel, dass die
Zielgesellschaft als künftiges Tochterunternehmen der Antragstellerin zu
1 vergleichbare Renditen erzielen kann.
Daher ist das Sanierungskonzept der Antragsteller grundsätzlich
geeignet, den Sanierungsfall zu lösen und die ihm zugrundeliegenden
Krisenursachen der Zielgesellschaft zu beseitigen. An die Feststellung
der Erfolgsaussichten des Sanierungskonzepts dürfen nämlich keine zu
hohen Anforderungen gestellt werden. Zum einen ist zu berücksichtigen,
dass es sich bei dieser Feststellung um eine Prognose des
Geschehensablaufes auf Basis der bisher ermittelten Daten handelt. Zum
anderen kann eine Feststellung der Erfolgsaussichten nur die
Plausibilität der Sanierungsmaßnahmen prüfen. Im Ergebnis kommt es
darauf an, ob das Sanierungskonzept grundsätzlich geeignet ist, den
Sanierungsfall zu lösen, nicht aber, ob dies auch mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
Dies ist vorliegend, wie vorstehend ausgeführt der Fall. Unschädlich ist
in diesem Zusammenhang, dass dem Gutachten nur der Businessplan nicht
aber das aktualisierte Planungsmodell zugrunde lag. Wegen der einfachen
Struktur des Sanierungskonzeptes und des künftigen Geschäftsmodels
lassen sich die im Gutachten getroffenen prinzipiellen Feststellungen
auch auf das aktualisierte Planungsmodell übertragen. So weicht das
aktualisierte Planungsmodel der Zielgesellschaft von dem dem Gutachten
zugrundeliegenden ursprünglichen Businessplan nur geringfügig,
insbesondere im Hinblick auf den Zeitpunkt des Zuflusses der Mittel aus
der Kapitalerhöhung, ab. Dies hat zwar negative Konsequenzen für die
Liquidität der Zielgesellschaft im Vorfeld der Kapitalerhöhung. Die
Antragsteller haben jedoch zugesagt, diese negativen Auswirkungen durch
die Aufstockung des Massedarlehens auszugleichen. Im Übrigen erreicht
die Zielgesellschaft auch unter dem aktualisierten Planungsmodell
bereits im Jahr 2023 wieder die Gewinnzone. Die dem Businessplan
zugrunde liegenden wesentlichen Annahmen (Erlöse aus der Betätigung als
Beteiligungsgesellschaft in Höhe von EUR 169.000,00 pro vollem Planjahr
denen Ausgaben in Höhe von EUR 139.577,00 im gleichen Zeitraum
gegenüberstehen) decken sich im Wesentlichen mit den entsprechenden
Annahmen im aktualisierten Planungsmodell.
6. Sanierungsbeiträge der Antragsteller
Im Rahmen des Sanierungskonzeptes sind die Antragsteller bereit,
erhebliche Sanierungsbeiträge zu erbringen bzw. haben bereits erhebliche
Mittel zur Sanierung der Zielgesellschaft aufgewendet.
Durch die Kapitalerhöhung sollen der Zielgesellschaft EUR 1.536.450,00
zufließen. Da die Antragsteller gegenüber der BaFin erklärt haben, die
Antragstellerin zu 1 werde die Zeichnung der Kapitalerhöhung in dem
erforderlichen Umfang sicherstellen, folgt hieraus ein Sanierungsbeitrag
von bis zu EUR 1,5 Mio. Dies gilt, obwohl keiner der Antragsteller
formell eine Platzierungsgarantie gegenüber der Zielgesellschaft
abgegeben hat. Durch die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 b und c des
Tenors ist sichergestellt, dass die Antragsteller von dieser Befreiung
nur Gebrauch machen können, wenn der Zielgesellschaft die benötigten
Mittel aus der Kapitalerhöhung tatsächlich zufließen. Das gleiche gilt
für die von den Antragstellern zugesagte Aufstockung des Massedarlehens
um EUR 15.000,00.
Hinzu kommen die Sanierungsbeiträge, welche die Antragstellerin zu 1
bereits erbracht hat. Diese belaufen sich auf insgesamt EUR 125.000,00.
Insgesamt folgt hieraus ein finanzieller Gesamtsanierungsbeitrag in Höhe von rund EUR 1,7 Mio.
Die Leistungen der Antragstellerin zu 1 kommen insoweit den übrigen
Antragstellern zu Gute. Sie nehmen über ihre unmittelbare bzw.
mittelbare Beteiligung an der Antragstellerin zu 1 an Chancen und
Risiken, welche die Antragstellerin zu 1 mit den Sanierungsbeiträgen
eingeht, teil.
7. Ermessensabwägung
Die Erteilung der Befreiung liegt im Ermessen der BaFin. Bei einer
Abwägung der Interessen der Antragsteller mit denen der außenstehenden
Aktionäre der Zielgesellschaft, die nach § 37 Abs. 1 WpÜG vorzunehmen
ist, ist grundsätzlich bei Vorliegen eines Tatbestands des § 9 WpÜG-
Angebotsverordnung von einem Vorrang der Interessen der potentiellen
Bieter auszugehen.
Durch die Sanierung soll der Fortbestand der Zielgesellschaft gesichert
werden, was im Interesse aller Aktionäre der Zielgesellschaft ist.
Da die Antragsteller im Rahmen der Sanierung durch die o.g. erheblichen
Leistungen (vgl. Ziffer B II.6.) zum Fortbestand der Zielgesellschaft
beitragen, kann ihnen nicht zugemutet werden, den Aktionären der
Zielgesellschaft darüber hinaus ein Pflichtangebot zu unterbreiten, das
die Antragsteller in einem erheblichen Umfang zusätzlich finanziell
belasten würde. Ihre Leistungen sollen vorrangig der Zielgesellschaft
und damit mittelbar auch deren Aktionären zu Gute kommen. Daher ist die
Befreiung nach § 37 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung
grundsätzlich – wenn auch unter Nebenbestimmungen – zu erteilen.
Entgegenstehende Interessen der Aktionäre der Zielgesellschaft, die auch
unter Berücksichtigung der bereits in § 9 WpÜG-Angebotsverordnung durch
den Gesetzgeber vorweggenommenen Interessenabwägung besonderes Gewicht
haben, sind – abgesehen von dem Interesse an der Gesundung der
Zielgesellschaft teilzuhaben – nicht ersichtlich.
Zwar unterstellt das Gesamtkonzept der Antragsteller zur Sanierung der
Zielgesellschaft, dass sich der Mehrheitsaktionär nicht an der
Kapitalerhöhung beteiligt und deswegen durch die Kapitalherabsetzungen
und die Kapitalerhöhung massiv verwässert wird. Dennoch ist den
Interessen der Antragsteller hier der Vorrang gegenüber einem möglichen
Interesse des Mehrheitsaktionärs einzuräumen. Wie bereits ausgeführt,
ist über das Vermögen der Zielgesellschaft bereits das
Insolvenzverfahren eröffnet. Ohne Sanierung droht der Zielgesellschaft
damit die Amtslöschung nach § 394 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Nach derzeitigem
Kenntnisstand kommt der Beteiligung des Mehrheitsaktionärs daher kein
nennenswerter wirtschaftlicher Wert zu. Zudem sieht der Insolvenzplan
eine Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechtsausschluss vor. Die übrigen
Aktionäre der Zielgesellschaft können die vorstehend beschriebene
Verwässerung ihrer Beteiligung daher durch Ausübung der ihnen
zustehenden Bezugsrechte verhindern. Unterlassen Sie dies, kann davon
ausgegangen werden, dass sie kein besonderes Interesse an ihrer (ohne
Sanierung weitgehend wertlosen) Beteiligung haben. Entsprechend gering
ist das Gewicht, das den Interessen übrigen Aktionäre der
Zielgesellschaft, insbesondere denjenigen des Mehrheitsaktionärs im
Rahmen der Interessenabwägung beizumessen ist.
Selbst diejenigen Aktionäre, die auf eine Ausübung ihres Bezugsrechts
verzichten, würden aber von einer Sanierung der Zielgesellschaft
profitieren, wenn diese gelingt. Insofern besteht auch für die übrigen
Aktionäre der Zielgesellschaft die Chance einer positiven Partizipation,
welche geeignet ist, eine Ausnahme von der Angebotspflicht zu
rechtfertigen.
III. Widerrufsvorbehalte
Rechtsgrundlage für die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Tenors ist § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG.
Die Widerrufsvorbehalte unter Ziffer 2 des Tenors sind geeignet und
erforderlich, um seitens der BaFin den Befreiungsbescheid für den Fall
widerrufen zu können, dass das Sanierungskonzept der Antragsteller nicht
vollumfänglich umgesetzt wird.
Die Sanierung der Zielgesellschaft kann nach dem Sanierungskonzept der
Antragsteller nur gelingen, wenn der Insolvenzplan tatsächlich
rechtskräftig und umgesetzt wird. Zudem hat die Antragstellerin zu 1
ihre Sanierungsbeiträge zwar gegenüber der BaFin angekündigt, gegenüber
der Zielgesellschaft aber nicht fest zugesagt.
Durch die Widerrufsvorbehalte wird daher sichergestellt, dass das
Sanierungskonzept der Antragsteller tatsächlich auch umgesetzt und die
Befreiungsmöglichkeit des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 1
Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung nicht zu Lasten der übrigen Aktionäre der
Zielgesellschaft missbraucht wird.
Die Widerrufsvorbehalte sind auch verhältnismäßig. Im Vergleich zu einer
auflösenden Bedingung sind sie ein milderes Mittel, um notfalls
alternative oder zusätzliche Finanzierungs- und Sanierungsbeiträge im
Rahmen des Widerrufsverfahrens berücksichtigen zu können. Auch
geringfügige Änderungen des Sanierungskonzeptes, welche die
Erfolgsaussichten der Sanierung der Zielgesellschaft nicht
beeinträchtigen, können in diesem Rahmen berücksichtigt werden. Im
Rahmen des Widerrufsverfahrens wären die Antragsteller erneut zu hören
und im Hinblick auf die Ermessenausübung wäre insbesondere zu prüfen, ob
die Antragsteller ihr Sanierungskonzept ordnungsgemäß betrieben haben
und alle Handlungen und Beiträge in ihrer Verantwortungssphäre
vorgenommen bzw. geleistet haben.
Die Widerrufsvorbehalte sind zudem auf das für die Umsetzung des Sanierungskonzeptes zwingend notwendige Maß begrenzt.
Die Fristen für die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen sind großzügig
bemessen. Der Antragstellerin zu 1 ist es gelungen, die Zielgesellschaft
mittels eines Massekredites am Leben zu erhalten. Allerdings darf die
Durchführung der Sanierung nicht unbegrenzt offen bleiben. Dies würde
dem Zweck der Befreiungsentscheidung, den Kontrollerwerb im Zusammenhang
mit einer Sanierung der Zielgesellschaft zu begünstigen, zuwiderlaufen.
IV. Auflagen
Rechtsgrundlage für die Auflagen unter Ziffer 3 des Tenors ist § 36 Abs. 2 Nr.4 VwVfG.
Nach den unter Ziffer 3 des Tenors bestimmten Auflagen sind die
Antragsteller zunächst verpflichtet, nachzuweisen, dass der
Insolvenzplan rechtskräftig geworden ist und die darin vorgesehene
Kapitalerhöhung unter Beteiligung der Antragstellerin zu 1 im
vorgesehenen Umfang wirksam geworden ist.
Zudem müssen die Antragsteller die zugesagte Aufstockung des Massedarlehens nachweisen.
Diese Auflagen sind erforderlich, um die Umsetzung des
Sanierungskonzeptes nachprüfen zu können, um so das Überwiegen des
Befreiungsinteresses der Antragsteller über die Interessen der übrigen
Aktionäre der Zielgesellschaft sicherzustellen. Da es sich lediglich um
Nachweispflichten handelt, sind die Auflagen auch verhältnismäßig im
engeren Sinne.
Es ist ausreichend, wenn die Sanierungsmaßnahmen durch einen der
Antragsteller nachgewiesen werden. Dies wirkt auch pflichtenerfüllend
für die übrigen Antragsteller.
Bei einem Verstoß gegen die Auflagen kann die Befreiungsentscheidung gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwVfG widerrufen werden.
(Ende)